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Die Gründungsjahre

Vereinsgründung

Am 27.11.1879 trafen sich 14 Bauern und Handwerker aus Rethmar im Lokal „Silberne Krone“ und gründeten den Gesangverein.

Bei der Silbernen Krone handelt es sich um die gleiche Gaststätte, die später nur noch Krone hieß.

Das ehrwürdige, um 1830 erbaute Fachwerkhaus, gehörte damals zum Rittergut, „Haus Rethmar“ und der damalige Besitzer, Baron von Uslar, hatte es seinem ehemaligen Leibdiener Heinrich Grove in Erbpacht übergeben, offenbar in Anerkennung seiner treuen Verdienste. Heinrich Grove war somit der erste Vereinswirt des MGV Einigkeit. Er war es 40 Jahre lang.

Der Baron von Uslar aber war es, der die eigentliche Gründung des Vereins angeregt hat und noch etlicher anderer Vereine dazu, denn er war ein Förderer des Vereinslebens und der Geselligkeit. Es kann nicht nachgewiesen werden, ob der Baron selber gesungen hat, aber von seinem Stammplatz in der Krone konnte er die Vereinstätigkeit und die Übungsstunden wohlwollend betrachtet haben.

In den ersten Jahren wird die Tätigkeit des Vereins ziemlich formlos und unverbindlich vor sich gegangen sein. Mit der Zeit festigte sich die Gruppe aus 14 Personen, die ersten Eintragungen im Protokollbuch erfolgten 1881 und das Kassenbuch beginnt mit dem Jahr 1884.

Von Formalien und Musikalien

Die Vereinstätigkeit musste gesetzlich geregelt werden. Eine Satzung wurde erstellt, und in ihr und in ihren Nachfolgesatzungen ist viel vom Zwecke des Vereins geschrieben. In wechselnden Formulierungen sprechen die Satzungen von der Pflege der Geselligkeit und der Kameradschaft, von der Veredelung des Chorgesanges und der Arbeit am Liede, am Deutschen Liede vor allem.

Es bestand also die Notwendigkeit einen Dirigenten zu bekommen.

Wie gut, dass damals noch die dörflichen Lehrer bereit und in der Lage waren, alles in die kunstgeübte Hand zu nehmen, was mit Musik zu tun hatte, sei es das kirchliche Orgelspiel, sei es die Leitung des Chores. So war es dann auch logisch, dass der Lehrer als Dirigent des Vereines benannt wurde.

Für das Geschäftliche des Vereins ist der Vorstand zuständig. Der erste war Heinrich Günther. Er war, wie man heute sagen würde, erster Vorsitzender, Schriftführer und Kassenverwalter in Personalunion.

Der erhobene Beitrag betrug 20 Pfennig im Monat, die Eintrittsgebühr jedoch 3 Mark oder einen Taler.

Zur damaligen Zeit konnte nicht jeder Mitglied des Vereines werden, er musste nicht reich, aber ein rechter Kerl sein, der in treuer Pflichterfüllung seinen Platz in der für gottgewollt gehaltenen Gesellschaftsordnung ausfüllte.

Die erste große Anschaffung des Vereines war ein „Pianino“. Zuerst sollte ein Instrument für 300 Mark angeschafft werden, doch dann begnügte man sich offenbar mit einem gebrauchten Gerät für 156 Mark.

Die Kosten wurden von den Mitgliedern Günther (Vorsitzender), Raer (Schlossermeister) und Runzler vorgestreckt, das verauslagte Geld dem Verein gegen 4 Prozent Zinsen geliehen. Die Rückzahlung sollte in Raten erfolgen, doch damit hatte es gute Weile. Es kann nicht nachgewiesen werden, ob die Gläubiger ihr Geld je zurück erhalten haben.

Mehr als nur ein Fetzen Stoff

Noch bevor die Angelegenheit mit dem Pianino abgeschlossen war, wurde die Vereinsfahne angeschafft. Denn was ist schon ein Verein, dem nicht eine Fahne voranflattert.

Die von der Firma Reinecke aus Hannover bezogene Fahne aus dem Jahre 1882 ist heute noch in Gebrauch, wird uns bei offiziellen Anlässen vorangetragen und versieht ihren Dienst wie eh und je. Lediglich zu unserem 75sten Jubiläum 1954 bedurfte sie einer gründlichen Aufarbeitung

Die Kosten durch das Pianino und der Fahne belasteten natürlich die Kasse des Vereins. Hier zeigte sich der Baron von Uslar, der Protektor des Vereins, als Retter in der Not. Er erbot sich, dem Verein die fehlende Summe zinslos zu leihen. Aus der Verleihung sollte eine Schenkung werden, wenn innerhalb einer gewissen Frist zehn aktive Vereinsmitglieder Notenkenntnisse nachweisen könnten.

Dankend wurde das großzügige Angebot angenommen. Doch ist es nicht überliefert, ob die gestellte Bedingung erfüllt werden konnte, und ob der „Protector“ bei fehlenden Notenkenntnissen auf Rückzahlung des Geldes bestanden hat. Es ist wohl anzunehmen, dass die Sache im Sande verlief: Die Sänger vergaßen das Erlernen der Notenschrift, und der Baron vergaß das Geld.

Unsere Altvorderen jedoch versammelten sich mit ihrer neuen Fahne stolz vor dem Hause ihres Gönners, dem Schloss „Haus Rethmar“ und ließen sich fotografieren. Erstaunlich ist die Qualität dieses Fotos aus dem frühen 1880er Jahren, die beim Druck freilich nicht voll zur Geltung kommt.

In den nächsten Jahren ändert sich personell einiges im Chor. Nachdem Dirigent Meyer 1885 aus beruflichen Gründen Rethmar und den Chor verließ, waren seine Nachfolger Herr Engelke aus Evern und Herr Hartmann aus Rethmar. Beide führten nur kurze Zeit den Stab im Chor. Herr Schmidt, Lehrer und Küster in Rethmar, übernahm das Amt des Dirigenten.

Dorf- und Vereinsleben im 19. Jahrhundert

Wie mag es damals in den Gründungsjahren des MGV in Rethmar ausgesehen haben?

Rein äußerlich gesehen muss der Ort einen malerischen Eindruck gemacht haben. Die alten Fachwerkhäuser, von denen längst nicht alle die Zeit überlebt haben, der urige Baumbestand, der heute stark gelichtet ist, und das bucklige Kopfsteinpflaster, das heute nur noch in der Seufzerallee vorhanden ist, müssen als Idyll erscheinen.

Doch die Zeitgenossen werden ihr Leben und ihre Umwelt kaum als idyllisch empfunden haben, denn ihr Leben war hart und karg.

Besonders die Bauern hatten schwer zu arbeiten, zumal es kaum Maschinen gab, und auch für die Handwerksleute waren Achtstundentag und Urlaub Fremdwörter.

Hatte man endlich nach des Tages Müh und Last sich den wohlverdienten Feierabend erkämpft, so war damit wenig anzufangen. Es gab noch kein Kino, kein Rundfunk oder Fernsehen, und die Stadt, die vielleicht etwas Abwechslung hätte bieten können, lag so unerreichbar fern.(Erst um die Jahrhundertwende wurde die Straßenbahnlinie nach Hannover eröffnet).

Wie dankbar wurde es daher angenommen, wenn am Abend eine Übung des Vereines angesetzt war. Mindestens einmal in der Woche, oft auch zweimal, traf man sich in der „Krone“ unter dem trüben Licht der Petroleumlampen, zu deren Fütterung man manchmal etwas beisteuern musste, und pflegte Gesang und Geselligkeit.

Trotz der widrigen Zeiten feierte man ein Sänger- oder Stiftungsfest. Meist waren sie mit einem Theaterabend verbunden, denn neben dem Chorgesang pflegte man auch das Laienspiel. Man gab sich viel Mühe damit, besorgte Kostüme aus Hannover und bemühte einen Friseur. Eintrittspreise zu der Zeit waren 50 Pf. von den Großen und 25 Pf. von den Kindern.

Es wurden nicht nur eigene Feste gefeiert, sondern es wurde auch an den Feiern der befreundeten Vereine teilgenommen. Zu diesem Zweck ging man entweder zu Fuß oder es wurde ein vorhandener Leiterwagen mit Sitzmöglichkeiten versehen. Der Wagen wurde geschmückt und zur Stärkung wurde ein Fass Bier mitgeführt.